Rückblick auf die Podiumsveranstaltung "Politik der frühen Kindheit in der Nordwestschweiz"

Ziel der Podiumsveranstaltung in Liestal war die Vernetzung von Akteuren der Kinderbetreuung und frühen Kindheit in der Nordwestschweiz (Aargau, Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Solothurn), sowie die gemeinsame Diskussion von Herausforderungen und Chancen für eine Politik der frühen Kindheit und Kinderbetreuung in der Nordwestschweiz.

Marc Limat, Leiter des Museum.BL, richtete ein Grusswort an die Teilnehmenden. Im ersten Teil der Veranstaltung gingen Sabine Ammann (Fachstelle Tagesbetreuung Basel-Stadt) und Thomas Jaun (Präsident Netzwerk Kinderbetreuung Schweiz) in ihren Input-Referaten auf verschiedene Fragestellungen zur frühen Kindheit und Kinderbetreuung ein.

Sabine Ammann – "Entwicklung der Tagesbetreuung im Kanton Basel-Stadt"

Sabine Ammann, Leiterin der Fachstelle Tagesbetreuung beim Erziehungsdepartement Basel-Stadt, thematisierte die Entwicklung der Tagesbetreuung im Kanton Basel-Stad. Sie wies unter anderem darauf hin, dass 51% der Kinder mit Wohnsitz im Kanton Basel-Stadt im Jahr vor dem Kindergarten in Kitas oder Tagesfamilien betreut werden.

Sabine Ammann nannte insbesondere folgende Faktoren als hilfreich für die Entwicklung der familienergänzenden Tagesbetreuung im Kanton Basel-Stadt in den vergangenen zehn Jahren:

  • Der Verfassungsauftrag: §11, Abs. 2a) der Basel-Städtischen Verfassung garantiert als Grundrecht, dass Eltern innert angemessener Frist zu finanziell tragbaren Bedingungen eine staatliche oder private familienergänzende Tagesbetreuungsmöglichkeit für ihre Kinder angeboten wird, die den Bedürfnissen der Kinder entspricht. Basierend darauf bestehen mit dem Tagesbetreuungsgesetz und der Tagesbetreuungsverordnung solide gesetzliche Grundlagen zur Ausgestaltung und Umsetzung der Tagesbetreuung im ganzen Kanton.
  • Die Definition der frühen Förderung als kantonaler Legislaturschwerpunkt der Regierung.
  • Die enge Koordination und Verbesserung der Angebote im Frühbereich, die enge Vernetzung innerhalb des zuständigen Erziehungsdepartements und zwischen den Departementen sowie die nationale Vernetzung.
  • Die Etablierung von Richtlinien und Vorgaben und die Anwendung fachlicher Grundlagen wie den Orientierungsrahmen für frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung und QualiKita.

Als hinderliche Faktoren nannte sie personelle Wechsel, dass der Frühbereich zum jetzigen Zeitpunkt kein Schwerpunktthema mehr ist und das die politischen Prozesse viel Zeit in Anspruch nehmen.

Thomas Jaun – "Frühe Kindheit – wer trägt Verantwortung?"

Thomas Jaun, Präsident des Netzwerks Kinderbetreuung Schweiz, wies in seinem Referat darauf hin, dass jedes Kind ein Recht auf eine gute Entwicklung hat. Dies wiederspiegelt sich auch in Artikel 41 der Bundesverfassung, der beinhaltet, dass Bund und Kantone sich in Ergänzung zu persönlicher Verantwortung und privater Initiative dafür einsetzen sollen, dass "Kinder und Jugendliche sowie Personen im erwerbsfähigen Alter sich nach ihren Fähigkeiten bilden, aus- und weiterbilden können" (f) sowie "Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung zu selbstständigen und sozial verantwortlichen Personen gefördert und in ihrer sozialen, kulturellen und politischen Integration unterstützt werden" (g).

Des Weiteren plädierte Thomas Jaun dafür, dass die frühe Kindheit als wesentlicher Bildungsabschnitt definiert wird und dementsprechend die öffentliche Hand in diesem Bereich mehr Verantwortung tragen sollte. Ein konkreter Vorschlag war, die Investitionen für den Bereich der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung in der Schweiz dem Durchschnitt der europäischen OECD-Staaten anzunähern und von aktuell sehr niedrigen 0.2% des Bruttoinlandprodukts (BIP) auf 0.5% des BIP anzuheben.

Podiumsdiskussion

Im zweiten Teil der Veranstaltung diskutierten auf dem Podium Martina Bernasconi (Grossrätin, BS), Caroline Mall (Landrätin, BL), Brigitte Rüedin (Gemeinderätin Rheinfelden, AG), Dieter Schürch (Schweizerische UNESCO-Kommission) und Marianne Zogmal (pro enfance).

Im Podium wurde darauf hingewiesen, dass es Investitionen in Angebote der frühen Kindheit und Kinderbetreuung braucht. Die Angebote der frühen Förderung beinhalten sowohl die familienergänzende Kinderbetreuung hinaus als auch weitere Angebote, welche die Familien als zentralen Bildungs-, Betreuungs- und Erziehungsort der Kinder unterstützen. Es wurde zudem auf die Tatsache hingewiesen, dass bereits viele Familien familienergänzende Kinderbetreuung und weitere Angebote der frühen Förderung in Anspruch nehmen und es daher umso wichtiger ist, in die Qualität dieser Angebote zu investieren.

In der Diskussionsrunde thematisiert wurde aber auch, dass Klärungsbedarf besteht betreffend die Frage, welche Angebote bereits bestehen und welche Angebote notwendig sind. Angebots- und Bedarfsanalysen in den Kantonen und Gemeinden sind daher notwendig. Ebenfalls wurde diskutiert, dass oft unklar ist, was der Begriff frühe Förderung alles beinhaltet. Um diese Begrifflichkeiten zu schärfen ist es daher wichtig, die Etablierung von Konzepten für eine kohärente Politik der frühen Kindheit und Kinderbetreuung auf allen föderalen Ebenen voranzutreiben.

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