Kanton Zürich: Weniger Vorschriften gefährden Qualität der Krippenbetreuung

Das angenommene Postulat sieht vor, die Voraussetzungen für die Bewilligung und Führung von Kinderkrippen «zu reduzieren» oder «zu flexibilisieren». Dazu sollen Bestimmungen zum Betreuungsschlüssel, Gruppengrösse und Anforderungen an die Krippenleitung oder Infrastruktur weit möglichst eliminiert werden. Die Postulanten erwarten dadurch tiefere Kosten und eine finanzielle Entlastung der Eltern und Gemeinden.

Diese Bestrebungen widersprechen der kürzlich publizierten Studie der Universität Zürich, die besonders die Bedeutung des Betreuungsschlüssels auf die Qualität der Kinderbetreuung unterstreicht. Die vorgeschlagenen Änderungen aus dem Vorstoss des Kantonsrats bringen also die Gefahr eines Qualitätsabbaus in der Kinderbetreuung mit sich und stellen damit auch die Wahrung der Chancengleichheit aller Kinder in Frage.

Gleichlautende Voten wurden im Parlament vorgetragen. Es wird befürchtet, dass in der Kinderbetreuung vermehrt Personal mit tieferer Qualifikation eingesetzt, eine ‘Zweiklassen-Betreuung’ eingeführt und vor allem bei subventionierten Krippenplätzen die Betreuungsqualität nachlassen wird. Ferner sind möglicherweise auch Programme wie die frühe Sprachförderung durch solche Sparmassnahmen gefährdet.

Kibesuisse, der Verein QualiKita und das Marie Meierhofer Institut haben eine Medienmitteilung veröffentlicht, die zum gleichen Schluss gelangt: «Die Aussage, dass der Betreuungsschlüssel unbedeutend ist für gute Qualität in der Betreuung (vgl. Postulat) ist schlicht falsch (vgl. u.a.Viernickel et al., 2015). Sowohl die Qualifikation der Betreuungspersonen als auch der Betreuungsschlüssel sind relevante Faktoren für eine gute Qualität der Betreuungsangebote.»

Laut Studie der Universität Zürich ist ideal, wenn eine Betreuungsperson für drei bis maximal sechs Kinder verantwortlich ist. Gegenwärtig sehen die Bestimmungen im Kanton Zürich vor, dass pro Gruppe von 11 Kindern eine Fachperson plus Hilfskraft angestellt werden muss, respektive eine Fachkraft alleine darf maximal 6 Kinder betreuen. Eine neue kantonale Kita-Verordnung, welche diesen Frühling die Vernehmlassung im Kanton Zürich durchlaufen hat, sieht bereits Lockerungen im bestehenden Betreuungsschlüssel vor. Dennoch wurde diese Woche das Postulat mit 101 zu 69 Stimmen im Zürcher Kantonsrat angenommen. Das Geschäft wird nun an den Regierungsrat überwiesen.

Medienberichte:
Deregulierung in der familien- und schulergänzenden Kinderbetreuung: Kinder hüten oder fördern? (Beitrag Pro Juventute)

NZZ, 16.09.2019
SRF News, 16.09.2019
Radio 1, 16.09.2019
Tages-Anzeiger, 16.09.2019
Limmattaler-Zeitung, 17.09.2019
Tages-Anzeiger, 18.09.2019
Berner Zeitung, 19.09.2019

Medienmitteilung:
kibesuisse, Verein QualiKita, Marie Meierhofer Institut für das Kind, 18.09.2019