Schweizer Zivilgesellschaft deponiert dringendste Kinderrechtsanliegen beim UN-Kinderrechtsausschuss – auch für den Frühbereich

Über 20 Jahre nach dem Beitritt der Schweiz zur Kinderrechtskonvention besteht nach wie vor grosser Handlungsbedarf bei deren Umsetzung. Das zeigt die lange Liste mit fast 50 dringlichen Themen, die das Netzwerk Kinderrechte Schweiz beim UN-Kinderrechtsausschuss in Genf im Rahmen des Staatenberichtsverfahrens eingereicht hat. Viele der Themen betreffen Kinder in schwierigen Lebenssituationen: Es geht um den Schutz vor Gewalt, um die administrative Inhaftierung von Kindern, um Rechte von Kindern im Migrations- und Asylbereich, um das Recht auf inklusive Bildung von Kindern mit einer Behinderung oder ein chancengerechtes Aufwachsen und Zugang zur frühen Förderung. In diesen und zahlreichen weiteren Bereichen hat die Schweiz teilweise noch grossen Aufholbedarf. Erstmals hat das Netzwerk Kinder- und Jugendstimmen zur Situation der Kinderrechte in der Schweiz miteinbezogen und diese als zusätzlichen Input beim UN-Ausschuss deponiert.

Starke Rahmenbedingungen für die Kinderrechte gefordert

Damit die Kinderrechte in den verschiedenen Bereichen umgesetzt werden können, braucht es starke Rahmenbedingungen. Wie das Netzwerk Kinderrechte hervorhebt, mangelt es aber bisweilen schon an entsprechenden Grundlagen. So ist die Datenlage zur Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen in der Schweiz immer noch ungenügend. Auch fehlt eine schweizweite kohärente Kinderrechtspolitik und -strategie. Im föderalen System sind Kinder- und Jugendpolitik, Kinder- und Jugendhilfe und Kinder- und Jugendschutz Aufgabe der Kantone – mit der Folge, dass es von Kanton zu Kanton teilweise beträchtliche Unterschiede gibt. Valentina Darbellay, Präsidentin des Netzwerks Kinderrechte Schweiz, kritisiert die fehlende Gleichbehandlung: «Dass es vom Wohnkanton abhängt, ob und wie Kinder und Jugendliche ihre Rechte wahrnehmen können, ob sie beispielsweise Zugang zu Förderangeboten haben, ob Kinder auf der Flucht angemessen betreut werden oder wie Kinder aus armutsbetroffenen Familien geholfen wird, ist nicht akzeptabel.»

Viel Handlungsbedarf besteht auch im Frühbereich
Das Netzwerk Kinderbetreuung Schweiz hat für diese Liste der dringlichsten Anliegen seine Expertise aus dem Frühbereich einbringen können. Das Dokument zeigt auf, wie Kinderarmut, Isolation, prekäre Arbeitssituation und niedriger Bildungsstand oder fehlende Sprachkompetenzen der Eltern Faktoren sein können, die sich benachteiligend auf die Entwicklungs- und Bildungschancen der Kinder auswirken. Anhand des Berichts wird der UN-Kinderrechtsausschuss darauf aufmerksam gemacht, dass Kinder aus sozial benachteiligten Familien bereits beim Schuleintritt einen Rückstand in ihrer Entwicklung aufweisen können und wie wichtig es wäre, dass diese Kinder bereits im Vorschulalter von Angeboten der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung profitieren. Faktisch ist ihr Zugang zur institutionellen Kinderbetreuung jedoch deutlich erschwert. Gründe dafür sind u.a., dass sozial benachteiligte Eltern Angebote, die sie in ihrer Erziehungsarbeit unterstützen, nicht kennen oder sich diese nicht leisten können. Mit der Eingabe an den UN-Kinderrechtsausschuss wird daher für einen chancengerechten Zugang zu qualitativ hochstehenden Angeboten im Frühbereich für alle Kinder plädiert.

Der UN-Kinderrechtausschuss wird im Herbst 2019 eine definitive Liste dringlicher Themen für die Schweiz verabschieden, zu welcher die Behörden bis im Herbst 2020 in einem Staatenbericht Stellung nehmen werden. Auch die Zivilgesellschaft wird sich zu diesem Zeitpunkt noch einmal zur Situation der Kinderrechte in den verschiedenen Bereichen in einem alternativen NGO-Bericht äussern können.

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