Bildungskommission des Nationalrats will Anschubfinanzierung und Strategie für die Frühe Förderung

Parlamentarische Initiative Aebischer soll mittels befristeter Anschubfinanzierung umgesetzt werden

Die parlamentarische Initiative "Chancengerechtigkeit vor dem Kindergartenalter" von SP-Nationalrat Aebischer ist seit längerer Zeit Gegenstand von Debatten in der nationalrätlichen Bildungskommission WBK-NR. Die pa.Iv. verlangt, die Zielgruppe von Kindern von 0 bis 4 Jahren in das bestehende Kinder- und Jugendförderungsgesetz (KJFG) aufzunehmen. Auf Basis dieses Gesetzes leistet der Bund heute insbesondere Finanzhilfen an Organisationen der ausserschulischen Kinder- und Jugendarbeit für Kinder ab Kindergartenalter. Mit der pa.Iv. Aebischer sollte dies auch auf Angebote für Kinder vor dem Kindergartenalter ausgeweitet werden.

Die Kommission war der Initiative zuerst wohlgesinnt und war schon dabei, einen entsprechenden Gesetzesentwurf auszuarbeiten. Der Weg, mit dem die pa.Iv. die Stärkung des Frühbereichs erreichen wollte, wurde aber teilweise auch kritisch betrachtet: Insbesondere bestand Unklarheit, welche Angebote im Vorschulbereich über das KJFG gefördert werden könnten. Zudem war unklar, ob die finanziellen Mittel des heute auf rund 10 Millionen Franken beschränkten KJFG-Fördertopfs ausgeweitet würden oder ob letztlich nur die Anzahl anspruchsberechtigter Akteure, nicht jedoch das zur Verfügung stehende Geld zunehmen würde.

Unter anderem vor diesem Hintergrund lehnte es die WBK-NR im Februar 2019 knapp ab, die pa.Iv. dem Nationalrat zur Annahme zu empfehlen. Dieser Entscheid wurde Mitte April nun revidiert. Die WBK-NR möchte die pa.Iv. Aebischer nun doch umgesetzt sehen. Gemäss Medienmitteilung der Kommission habe insbesondere die positive Zwischenbilanz des Bundesrates zur Kinder- und Jugendförderung des Bundes die Kommission dazu bewogen, das Thema nochmals aufzugreifen.

Die Kommission möchte nun zur Umsetzung der pa.Iv. Aebischer, dass der Bund die Kantone mittels befristeten Anschubfinanzierungen im Bereich der frühkindlichen Förderung unterstützt. In einem analogen Modell unterstützt der Bund die Kantone bereits befristet bis 2022 mit Finanzhilfen beim Aufbau und der Weiterentwicklung von kantonalen Kinder- und Jugendpolitiken. Wie die befristete Anschubfinanzierung für den Frühbereich genau ausgestaltet sein soll, lässt die Medienmitteilung der Kommission indes noch offen.

Neue Kommissionsvorstösse für eine Strategie zur Frühen Förderung und zur Stärkung von Bildungschancen

Neben dem Umsetzungsbeschluss zur pa.Iv. Aebischer wurden an der WBK-NR Sitzung zwei neue, beachtenswerte Vorstösse beschlossen: Zum einen beauftragt die Kommission den Bundesrat mit dem Postulat "Strategie zur Stärkung der Frühen Förderung", eine Strategie zur Stärkung und Weiterentwicklung der frühen Förderung von Kindern in der Schweiz zu erarbeiten. In der Frühlingssession des Parlaments hatte der CVP-Nationalrat Niklaus Gugger bereits ein entsprechendes Postulat mit dem gleichen Zweck eingereicht. Dass eine umfassende Gesamtstrategie für den Frühbereich nötig ist, zeigt u.a. die Publikation "Für eine Politik der frühen Kindheit – eine Investition in die Zukunft" der Schweizerischen UNESCO-Kommission auf, die an der Sitzung der WBK-NR ebenfalls präsentiert wurde.

Zum anderen wurde an der Sitzung auch der Bericht "Soziale Selektivität" des Schweizerischen Wissenschaftsrates vorgestellt. Darin geht es um den ungleichen Zugang verschiedener Bevölkerungsgruppen zu Bildung in der Schweiz. Frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung sieht der Wissenschaftsrat als zentrales Handlungsfeld, um Kindern unabhängig von ihrer Herkunft, den sozioökonomischen Umständen oder dem Bildungsstand der Eltern bestmögliche Startchancen auf dem Lebens- und Bildungsweg zu ermöglichen. Angesichts der Schlussfolgerungen dieses Berichts möchte eine Mehrheit der WBK-NR zusätzliche Gelder vorsehen für Massnahmen zur Verringerung der sozialen Selektivität. Sie beschloss daher die Einreichung der Motion "Massnahmen zur Verringerung der sozialen Selektivität".

Die Einreichung dieser Vorstösse im Namen der Kommission (und nicht nur im Namen eines einzelnen Kommissionsmitglieds) gibt den Vorstössen Gewicht. Eine Minderheit aus SVP- und FDP-ParlamentarierInnen lehnten die Einreichung der Vorstösse ab.

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